Laudatio der Verleihung des Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland an Gela Becker


Sehr geehrte Frau Becker,
Sehr geehrte Gäste,

Ich begrüße Sie hier in der Senatsverwaltung für Gesundheit zur Verleihung des Verdienstkreuzes am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.
Ich darf diese Verleihung übernehmen im Auftrag des Herrn Bundespräsidenten Dr. Frank-Walter Steinmeier, des Herrn Regierenden Bürgermeisters Michael Müller und in Vertretung von Frau Senatorin Kalayci

Wir würdigen heute Sie, Frau Becker, wegen Ihrer besonderen Verdienste für das Gemeinwohl in unserer Stadt und unserem Land.

Frau Becker, Sie engagieren sich seit vielen Jahren für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit Fetalen Alkoholspektrum-Störungen (FASD), die auf den Alkoholkonsum der Mütter in der Schwangerschaft zurückzuführen sind.
Für mich als Gesundheitsstaatssekretär spielt gesundheitliche Prävention und Versorgung selbstverständlich eine zentrale Rolle. In der Prävention von Suchterkrankungen übernehmen die allgemeinen Alkohol-Beratungsstellen und der ÖGD in Berlin wichtige Aufgaben. Meine Verwaltung finanziert zudem seit 2005 die Fachstelle für Suchtprävention, um Suchtmittelkonsum und riskantes Verhalten zu reduzieren. Deutschland zählt mit einem Alkoholkonsum von rund 9,5 l Reinalkohol pro Kopf und Jahr zu den Hochkonsumländern. Hinter dieser Zahl verbergen sich 9,5 Millionen Menschen, die Alkohol in gesundheitlich riskanter Weise zu sich nehmen. Zusätzlich sind in Deutschland 1,77 Millionen Menschen alkoholabhängig. Alkoholbedingte vorgeburtliche Schädigungen sind die häufigste Ursache für geistige Behinderungen. Die Fachstelle für Suchtprävention setzt daher einen Schwerpunkt auf die Aufklärung über die Risiken von Alkoholkonsum, auch über die Risiken von Alkoholkonsum in der Schwangerschaft.

Die Fachstelle führt zu diesem Thema u.a. Fortbildungen für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren durch und bietet Schulen entsprechendes Unterrichtsmaterial an. Frau Dr. Becker, auch Sie haben schon gemeinsam mit der Fachstelle für Suchtprävention für den Verzicht auf Alkohol während der Schwangerschaft geworben. Mit Ihrer intensiven Öffentlichkeitsarbeit und der Wissensvermittlung zu FASD lenken Sie die Aufmerksamkeit vieler Menschen auf das Thema.

1993 haben Sie an der Charité begonnen, Fetale Alkoholspektrum-Störungen zu diagnostizieren. Alkoholkonsum während der Schwangerschaft ruft Schädigungen beim Kind hervor, die vielfach nicht sichtbar sind. Dennoch haben diese Kinder mit gravierenden Einschränkungen zu kämpfen, u.a. mit Entwicklungsstörungen, eingeschränkter Impulskontrolle und Lernschwierigkeiten. Als Pädagogische Leiterin des Evangelischen Kinderheimes Sonnenhof bauten Sie die erste deutsche FASD-Beratungsstelle auf, die später im FASD-Fachzentrum weitergeführt wurde.
Durch die Einrichtung der bundesweit ersten spezialisierten Wohngemeinschaft konnte den Betroffenen nunmehr ein passgenaues Hilfeangebot gemacht werden. Mittlerweile sind es 12 Projekte mit 60 Bewohnerinnen und Bewohnern, von denen zwei Drittel von FASD betroffen sind. Das Betreute Einzelwohnen ergänzt das Angebot und bietet den in den Wohngemeinschaften groß gewordenen Kindern die Betreuung, auf die sie auch als Erwachsene angewiesen sind.
Darüber hinaus setzen Sie sich mit großem persönlichen Engagement für Menschen mit FASD in Deutschland ein. Sie wirkten mit an der Entwicklung der S3-FASD-Diagnostik-Leitlinien und leiteten ein Forschungsprojekt zur Entwicklung von Interventionsmöglichkeiten für suchtgefährdete Erwachsene mit FASD.   

Zusammen mit der Bundesakademie für Kirche und Diakonie haben Sie die Fortbildung zur FASD Fachkraft initiiert. Diese Fachkräfte braucht es zur Verbesserung der Versorgung dieser leicht zu übersehenden Behinderung. Als Multiplikatoren unterstützen die Fachkräfte Veränderungs- und Anpassungsprozesse von notwendigen Hilfen.

Frau Becker, Sie haben Netzwerke geknüpft mit internationalen Organisationen, die zu FASD forschen, und Sie haben das Thema in die Fachöffentlichkeit gebracht. Mit Unterstützung der damaligen Drogenbeauftragten der Bundesregierung erschien 2015 ein Handbuch für Jugendliche und junge Erwachsene mit FASD. Für die betroffenen Kinder, ihre Eltern und Pflegeeltern engagieren Sie sich in besonderem Maße. Ihr enormes Wissen geben Sie bereitwillig und uneigennützig weiter.

Seit vielen Jahren sind Sie über ihre berufliche Tätigkeit hinaus in hohem Maße ehrenamtlich im Bereich der Aufklärung und Fortbildung zu FASD tätig. Ihrem Engagement ist es zu verdanken, dass das Wissen um die Problematik Alkohol in der Schwangerschaft in Deutschland gewachsen ist.

Das verdient höchste Anerkennung und es ist mir eine Ehre, Ihnen heute Ihre Auszeichnung mit dem Verdienstkreuz am Bande übergeben zu dürfen.

Sehr geehrte Frau Becker,

für Ihren unermüdlichen und überregionalen Einsatz für die von FASD betroffenen Menschen verdienen Sie, Frau Becker, das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

Daher wurden Sie vom Regierenden Bürgermeister von Berlin zur Auszeichnung mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland dem Herrn Bundespräsidenten empfohlen.

[Verlesung der Urkunde]